Von Oktober 2017 bis August 2019 – nach einer kurzen Zwischenstation in der Breiten Straße – war der Co-Working-Space „Thinkfarm“ in der Puschkinstraße 15 das Hauptquartier von „Transition Thrive – Wachstumsschub für Klimaschutz von unten“, dem Eberswalder Klimaschutzprojekt von HEBEWERK e.V. und der Eberswalder Initiative wandelBar. Gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), widmete sich dieses Projekt zwei Jahre lang der Aufgabe, die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Eberswalder Alltag stärker zu etablieren und Wege zu finden, wie Eberswalder Nachbarschaften und Zivilgesellschaft selbstwirksam einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.
Hier geht’s zum offiziellen Projektflyer (PDF)
Abschlusspräsentation
Klimaschutz in Eberswalde
Durch die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) entfaltet das Thema Klima- und Umweltschutz in Eberswalde und im Barnim seit einigen Jahren zunehmend Präsenz. Darüber hinaus ist seit der Nachwendezeit eine wachsende Zahl an zivilgesellschaftlichen Eberswalder Initiativen zu verzeichnen, welche sich in unterschiedlichster Weise für ein nachhaltiges und klimagerechtes Leben in der Stadt einsetzen. Für viele von ihnen stellt der Verein HEBEWERK e.V. seit 2013 Ressourcen, Räume und Netzwerke zur Verfügung. Mit dessen Unterstützung konnten unter anderem bereits ein RepairCafé mit mehreren Standorten, ein Labor für Biotechnologie und eine offene Werkstatt, das „Schöpfwerk“ und der Tausch-, Leih- und Schenkladen in Eberswalde realisiert werden. Ziel des HEBEWERK e.V. ist es, Räume und Werkzeuge bereitzustellen, um Eberswalder*innen die Möglichkeit zu geben, gemeinschaftlich und selbstwirksam Ideen und Projekte zu verwirklichen. Dabei können wertvolles Wissen vermittelt und ausgetauscht sowie gegenseitige Unterstützung geboten werden.
Die Frage, wie das Leben in der Stadt klimagerechter gestaltet werden kann, wurde immer wieder vom HEBEWERK e.V. thematisiert. Hierbei spielte von Beginn an die Initiative wandelBar eine wichtige Rolle – die erste Barnimer Transition-Initiative, die sich 2011 in Eberswalde gegründet hat. Mit öffentlichen Apfelsaft-Pressaktionen, der Unterstützung zur Umgestaltung des „Neuen Blumenplatzes“ in der Grabowstraße, dem seit 2017 jährlich ehrenamtlich organisierten Straßenfest in der Ruhlaer Straße oder dem nachhaltigen Stadtführer „Gut Zu Wissen“ zu Eberswalder Orten des Wandels hat wandelBar sich immer wieder tatkräftig in die nachhaltige Stadtentwicklung „von unten“ eingebracht. Mit solchen Aktionen und Veranstaltungen will sie ein Bewusstsein dafür schaffen, wie wichtig Nachbarschaftlichkeit, zivilgesellschaftliches Engagement sowie regionales und umweltbewusstes Denken und Handeln in diesen Zeiten sind. Damit ist wandelBar Teil der internationalen Transition Town-Bewegung. Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, durch niederschwellige Beteiligung innerhalb der Zivilgesellschaft eine ressourcenschonende und klimagerechte Zukunft zu gestalten, als auch die Abhängigkeit der lokalen Märkte von internationalen Konzernen und Finanzdienstleistern zu verringern.
Wer und was ist „Transition Thrive“?
Durch das „Transition Thrive“-Projekt konnte mittels der BMU-Förderung „Klimaschutz der kurzen Wege“ im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) erstmals eine hauptamtliche Unterstützung des bislang ausschließlich ehrenamtlichen Engagements in Eberswalde möglich gemacht werden. Die beiden Projektkoordinatorinnen Ulrike Gatz und Anja Neumann sowie ein großes loses Netzwerk an ehrenamtlich Engagierten, Initiativen und lokalen Klimaschutzakteur*innen arbeiteten in den zwei Projektjahren gemeinsam auf Hochtouren, um zu zeigen, dass Klimaschutz „von unten“ möglich, sinnvoll und wirksam ist. Gemeinsam erschlossen sie Möglichkeiten der klimafreundlichen Stadtgestaltung, bildeten handlungsfähige Netzwerke, bauten wichtige Kontakte zu Klimaschutzakteur*innen in Stadt und Landkreis auf und veranstalteten zahlreiche öffentliche Veranstaltungen, um einen bürger*innennahen Austausch auf Augenhöhe zum Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu ermöglichen.
Fünf Inhalte standen im Zentrum des „Transition Thrive“-Projekts:
1. Lastenrad-Projekt
Im Frühjahr 2017 wurde ein Lastenrad-Projekt von hebewerk- und wandelBar-Mitgliedern initiiert, das im Rahmen des Projekts ausgebaut und entscheidend weiterentwickelt werden konnte. Es wurde ein stadtweiter Verleih von Lastenrädern organisiert, die gegen eine geringe Leihgebühr für alle Eberswalder Bürger*innen nutzbar sind. Auch andere Akteur*innen konnten mithilfe des Projekts darin bestärkt werden, selbst Lastenräder für den alltäglichen Betrieb zu nutzen oder bereitzustellen: so unter anderem die Eberswalder Privatbäckerei Wiese oder das 2019 gestartete Carsharing-Programm des Landkreises Barnim namens BARshare.
Infos und Reservierungsmöglichkeiten zu den gemeinnützig leihbaren Lastenrädern und ihren Standorten findet ihr hier: www.lastenrad-eberswalde.de
Die Grundidee: Einkäufe, Familienausflüge und kleinere Transporte erledigen können, ohne dabei auf das Auto zurückgreifen zu müssen. Mit der Nutzung der Lastenräder kann CO²-neutrale Mobilität für alle Eberswalder*nnen ermöglicht und die Position des Fahrrads gegenüber dem Auto im Stadtverkehr gestärkt werden. Mit dieser Initiative ist Eberswalde zugleich Teil eines deutschlandweiten Netzes an gemeinnützigen Lastenradverleihen, über das man hier mehr erfahren kann: www.dein-lastenrad.de
2. Solidarische Landwirtschaft
Ein weiterer Teilinhalt von „Transition Thrive“ bestand in dem Aufbau einer lokalen Solidarischen Landwirtschaft-Initiative (SoLaWi), welche die wöchentliche Verteilung von saisonalen Gemüsekisten aus biologischem und regionalem Anbau organisiert. Hinter dem SoLaWi-Prinzip verbirgt sich der Ansatz, einen direkten Vertrieb von landwirtschaftlichen Produkten aus der Region an VerbraucherInnen zu ermöglichen, ohne dabei den Schritt über Zwischenhändler wie Supermärkte, Läden o.Ä. zu gehen. Durch die direkte Vermittlung der Landwirtschaftsprodukte, die auf einer persönlichen Vereinbarung zwischen Erzeuger und Verbraucher basiert, kann einerseits die existenzielle Sicherheit des Landwirtschaftsbetriebs gestärkt werden, andererseits die frische, regionale und ökologische Herkunft der Lebensmittel für die VerbraucherInnen garantiert werden.
Es konnte eine Zusammenarbeit mit dem Hof „Gemeinsam Gut Leben“ von Gaby und Friedemann Wolf in Luisenfelde bei Klein Ziethen entstehen, deren Kisten mit Gemüse und Kräutern zunächst jede Woche ins Projektbüro geliefert wurden und die seit April 2019 in dem eigens eröffneten Höfeladen in der Eisenbahnstraße 89 abgeholt und bestellt werden können. Neben der Möglichkeit, einen Anteil innerhalb dieser SoLaWi zu übernehmen, können im Höfeladen auch zahlreiche weitere Lebensmittel aus der Region erworben werden und ergänzen damit das bisherige Angebot von regionalen Lebensmitteln, wie sie etwa auf dem Eberswalder Wochenmarkt oder im Regionalladen „Krumme Gurke“ zu erhalten sind.
Hier geht’s zum Film über den Hof „Gemeinsam Gut Leben“ bei „Brandenburg im Wandel“
3. „Essbare Stadt“
Der dritte Projektinhalt „Essbare Stadt“ folgte der Vision, städtische Freiflächen wie Parks, Vorplätze und Wiesen in Eberswalde „essbar“, also nutzbar zu machen. Nach diesem Konzept, das bereits in vielen deutschen und internationalen Städten erfolgreich umgesetzt wurde, können ungenutzte Flächen durch Streuobstgehölze und Blumen, Insektenhotels, Sitzbänke und Ähnliches klimafreundlicher und gemeinnützig gestaltet werden. So holen sich die Bürger*innen ihre Stadt zurück und betreiben gleichzeitig aktiven Klimaschutz: Jede der bepflanzten Flächen – als Lebensraum für Insekten und CO²-bindende Pflanzen – leistet dazu einen wertvollen Beitrag. Darüber hinaus dienen solche Flächen als Erholungsorte und liefern frisches Obst, Gemüse und Kräuter. Die aktive Miteinbeziehung der Stadtbewohner*innen bei der Gestaltung und Bepflanzung der Flächen ist dabei entscheidend. Mithilfe des Projektes konnte unter anderem eine alte Schulgartenfläche im Brandenburgischen Viertel wiederbelebt werden, wo nun eine lose Gruppe im Gemeinschaftsgarten „ZusammenWachsen“ eigenes Obst und Gemüse anbaut.
4. „RepairShare“
„RepairShare“, der vierte Projektinhalt, zielte darauf ab, das gemeinschaftliche Reparieren, Nutzen und Ausleihen von Geräten und Werkzeugen in den verschiedenen offenen Räumen des HEBEWERK und anderen Orten in Eberswalde zu ermöglichen und auszubauen. Damit wird ein positiver Gegenentwurf zur zeitgenössischen Wegschmeißen-Neukaufen-Mentalität angeboten. Seit Oktober 2018 findet das RepairCafe des Hebewerks – neben den regulären Freitagsterminen in den Hebewerk-Räumen in der Havellandstraße – auch donnerstags 16:00 – 19:00 Uhr im Projektbüro in der Puschkinstraße 15 statt.
5. Transition Streets / „Klimanauten“
Bei dem fünften Projektinhalt „Transition Streets“ / „Klimanauten“ ging es um den nachbarschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Austausch zur gemeinsamen Optimierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs auf der Grundlage des bereits praxiserprobten „Klimanauten„-Konzepts der Heinrich-Böll-Stiftung. Mit dem Sprachcafé der Eberswalder Freiwilligenagentur kooperierte das Projekt auch für das „Klimanauten“-Pendant „Klimaschutz Hand in Hand“, das Klimaschutz zugleich als ein Thema zur Integration und für den interkulturellen Austausch behandelt. Hierbei sollten Eberwalder*innen und Eberswalder Nachbarschaften inspiriert werden, sich über ihre Möglichkeiten zum gemeinschaftlichen Einsparen von Heizressourcen, Strom oder Benzin auszutauschen und ihr eigenes Einkaufs- und Mobilitätsverhalten auf Klimafreundlichkeit zu überprüfen. Auch der Bau und die Verteilung von „Tauschkisten“, in denen Werkzeuge, Haushaltsgegenstände und dergleichen innerhalb der Nachbarschaft ausgetauscht und weitergegeben statt weggeworfen werden können, konnte durch das Projekt realisiert werden.
… und Vernetzung!
Neben den genannten Inhalten verstand sich das Projekt auch als Ansprechpartner und Vernetzungsstelle für ehrenamtliche Einzelpersonen, Gruppen und Projekte, die sich für Nachhaltigkeit, Klima- und Ressourcenschutz in Eberswaldeim Alltag stark machen möchten. Der übergeordnete Gedanke war: Nachhaltigkeit und ökologisches Denken für Klimaschutz und unsere Zukunft sollen zum zentralen Thema für alle Eberswalder*innen werden – denn um wirklich etwas zu verändern, müssen alle gemeinsam ins Handeln kommen. Dieser Ansatz ist – anhand des vielen positiven Feedbacks und der vielen entstandenen Kooperationen sichtbar – erfolgreich gelungen. Allen, die am Projekt mitgewirkt haben, gilt ein großer Dank dafür, gezeigt zu haben, dass Klimaschutz „von unten“ nicht nur möglich, sondern fundamental wichtig ist.
Das Projekt konnte aufgrund der ausgelaufenen Förderung nicht verlängert werden. Es bleibt zu hoffen, dass die entstandenen Ansätze und Formate in einem anderen Rahmen aufgegriffen und von der Eberswalder Stadtgesellschaft weitergenutzt werden.
Hauptförderer des Projekts:
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)
Fördermaßnahme:
Kurze Wege für den Klimaschutz / Nachbarschaftsprojekte
Förderbereich: Förderaufruf für Nachbarschaftsprojekte
Laufzeit:
September 2017 – August 2019
Förderkennzeichen: 03KKW0167
Projektpartner:
– Stadt Eberswalde
– WHG Wohnungsbau- und Hausverwaltungs-GmbH
– Hochschule für nachhaltige Entwicklung (FH) Eberswalde
– Bezirksverband der Kleingärtner Eberswalde und Umgebung
– Akademie Zweite Lebenshälfte
– GeLa: Initiative Gemeinsam Landwirtschaften
– Gemeinsam Gut Leben – Hof Luisenfelde
– Hof Stolze Kuh – Landwirtschaftsbetrieb Janusz Hradetzky
…sowie zahlreiche weitere Unterstützer*innen